Leibgerichte, die heute kaum noch gegessen werden
Retro-Revival

Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Frikassee und einem Blankett? Erinnern Sie sich noch an Labskaus oder Wackelpeter? Viele Gerichte, die noch vor wenigen Jahrzehnten auf keiner Speisekarte fehlen durften, sind heute fast gänzlich aus der Mode gekommen. Und während einige getrost in der Vergangenheit schmoren können, sollten andere wieder aus der Vergessenheit geholt werden. Hier sind 25 Retro-Gerichte, denen wir ein Comeback gönnen ...
Hühnerfrikassee

Hühnerfrikassee war in den 1970er-Jahren ein beliebtes Festessen bei Hochzeiten und anderen großen Familienfeiern. Heute kommt das Gericht aus gekochtem Hühnerfleisch und verschiedenen Gemüsesorten in einer cremig-weißen Sauce keine Gäste nur noch selten auf den Tisch. Für das erste überlieferte Frikassee aus dem 14. Jahrhundert soll ein französischer Koch am Hofe König Karls V. Pfauen und Fasane in die Töpfe gegeben haben. Im Laufe der Zeit wurden jedoch zunehmend helle Fleischsorten wie Kalb, Kaninchen oder Huhn für das einst vornehme Gericht verwendet. Küchentechnisch handelt es sich bei vielen deutschen Zubereitungsarten übrigens nicht um ein Frikassee, sondern um ein Blankett, da das bereits gegarte Fleisch in die sämig eingedickte Hühnerbrühe gegeben wird.
Gefüllte Eier

Die gefüllten Eierhälften waren schon zu Zeiten des römischen Gourmets Marcus Gavius Apicius in der Antike ein beliebtes Gericht der Kalten Küche. Als Vorspeise serviert, gehörten sie in den 1970er-Jahren wie Mettigel und Käse-Trauben-Spieße zu jedem Partybuffet. Für die Luxusvariante werden die auch als „Russische Eier“ bekannten Häppchen gerne mal mit Kaviar oder Trüffel garniert.
Alles in Aspik

Rezepte für diese pikanten Gelees wurden bereits im Mittelalter niedergeschrieben. Richtig populär wurden Gerichte wie „Huhn in Aspik“ aber in der höfischen Küche des 19. Jahrhunderts. Vielen dürfte der Appetit auf glibbrig eingelegtes Fleisch wohl 1919 vergangen sein, als der Fund verwester Tierkadaver in der Hamburger Fleischwarenfabrik Heil & Co. die sogenannten Sülzeunruhen auslöste. Einige Köche prophezeien heute der Sülze, die in den 1960er-Jahren schon einmal ein Comeback feierte, ein erneutes Revival. Denn Gemüse oder mageres Fleisch in Aspik passen gut in die ernährungsbewusste und „nose to tail“-orientierte Küche von heute.
Vichyssoise

Diese gekühlte Suppe wurde 1917 von einem französischen Koch im Ritz-Carlton-Hotel in New York erfunden und durfte jahrzehntelang auf keiner Speisekarte gehobener Restaurants fehlen. Für die sämige Delikatesse werden Lauch, Zwiebeln, Kartoffeln, Hühnerbrühe und Sahne zusammen gekocht und püriert. Heute findet man die Vichyssoise nur noch in gutbürgerlichen Restaurants.
Sauerbraten

Um die Herkunft des deutschen Nationalgerichts ranken sich die abenteuerlichsten Geschichten. So soll Julius Cäsar vor über 2.000 Jahren amphorenweise in Wein eingelegtes Fleisch über die Alpen ins heutige Köln gebracht und die Rheinländer zum Rheinischen Sauerbraten inspiriert haben. Andere datieren die Entstehungsgeschichte auf das 9. Jahrhundert. Kein Geringerer als Karl der Große selbst soll auf die Idee gekommen sein, Fleischreste durch Einlegen verwertbar zu machen. Dabei wird meist Rindfleisch in einem Sud aus Essig, Wasser oder Wein, Gewürzen, Zwiebeln und Karotten bis zu zehn Tage mariniert und anschließend langsam geschmort. Der Sauerbraten wird mit Kartoffeln oder Knödeln in einer süßsauren Bratensoße serviert, zu der oft zerbröselte Printen oder Lebkuchen gereicht werden.
Pasta Primavera

Angesichts der Vielzahl kreativer vegetarischer Gerichte hat die Pasta Primavera an Bedeutung verloren. Doch als sie in den 1970er-Jahren im New Yorker Nobelrestaurant Le Cirque erfunden wurde, war sie eine der wenigen schmackhaften Alternativen für Menschen, die kein Fleisch aßen. Die Pasta wurde mit frischem Gemüse der Saison und Brühe oder Tomatensauce zubereitet.
Falscher Hase

Wie der Name schon sagt, enthält dieser Hackbraten kein Hasenfleisch. Das Gericht galt in der Nachkriegszeit als preiswerte Alternative zum Hasenbraten, der traditionell sonntags auf den Tisch kam. Durch den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs waren die Langohren jedoch nahezu ausgestorben und von der Regierung unter Artenschutz gestellt worden. Also griffen pfiffige Hausfrauen auf Hackfleisch zurück, formten daraus einen Hasenrücken und schoben ihn in den Ofen. Fertig war der „Falsche Hase“. Es wird sogar erzählt, dass in Zeiten der Knappheit zum Teil Katzen als „Falsche Hasen“ auf den Sonntagstisch kamen, da sie im Gegensatz zu den Mümmelmännern nicht unter Artenschutz standen.
Herzoginkartoffeln

Herzoginkartoffeln – oder Pommes de Duchesse – sind aus der klassischen französischen Küche nicht wegzudenken. Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren fanden die knusprig gebackenen Kartoffelpüree-Rosetten auch außerhalb Frankreichs ihren Weg auf festlich garnierte Hochzeitsteller.
Vol-au-vents

Die Rezeptidee für Vol-au-vents soll von Marie-Antoine Carême stammen. Der Meisterkoch des 19. Jahrhunderts ließ sich möglicherweise von den kleinen Bouchées inspirieren, die die französische Königin Maria Leszczyńska ein Jahrhundert zuvor in Mode gebracht hatte. Die gefüllten Blätterteigtaschen waren einst der Höhepunkt gehobener Gastlichkeit. Im Berlin des 19. Jahrhunderts füllte die gesellschaftliche Elite die Pasteten mit Ragout Fin – eine Delikatesse aus Kalbfleisch, Bries, Innereien sowie Hühnerfleisch in einer cremig-weißen Sauce. Nur noch selten findet man diesen Klassiker heute auf den Speisekarten. Dabei könnte eine Neuinterpretation dem Retro-Gericht ein neues Gesicht geben. Zum Beispiel mit einer Füllung aus Pesto, würzigem Räucherlachs oder Stilton und Champignons.
Labskaus

Dieses alte Seemannsgericht ist ein norddeutscher Klassiker, der auch in Skandinavien sehr beliebt ist. Erstmals erwähnt wurde das Seemannsgericht 1706 von dem englischen Schriftsteller und Gastwirt Ned Ward und vermutlich entstand Labkaus aus der Not heraus. Als es auf den langen Seereisen nicht möglich war, Lebensmittel lange frisch zu halten, zauberten kreative Kombüsenköche aus püriertem Pökelfleisch, Kartoffeln, roter Beete und Zwiebeln ein nahrhaftes Gericht. An guten Tagen kamen noch ein Spiegelei, eine Essiggurke und ein eingelegter Hering dazu. Heute steht das einst als „Arme-Leute-Essen“ verschriene Gericht in vielen Variationen und Neuinterpretationen wieder auf den Speisekarten von Traditionsrestaurants.
Fondue

Spricht man in der Schweiz von Fondue, so ist damit ursprünglich ausschließlich ein Gericht aus geschmolzenem Käse gemeint. Der Legende nach sollen vor Jahrhunderten Hirten in den Westalpen – dazu gehören die Romandie, Savoyen und Piemont – auf die Idee gekommen sein, ihr Brot in geschmolzenen Käse zu tunken. In den 1970er-Jahren wurde das Schweizer Nationalgericht zum Trend unter Feinschmeckern, und es gibt wohl kaum einen Haushalt in der Alpenrepublik ohne einen Fonduetopf im Schrank. Doch in Zeiten gesundheitsbewusster Ernährung scheint ein Gericht aus Käse und Brot allein nicht mehr en vogue zu sein. Auch der Begriff Fondue hat sich gewandelt und steht heute allgemein für gesellige Gerichte, bei denen Fleisch, Fisch, Gemüse oder Obst in Fett, Bouillon oder Schokolade getunkt werden.
Flambierte Bananen

Das Flambieren von Speisen war in den 1950er-Jahren der Hit, insbesondere wenn es um Desserts ging. Diesen Klassiker aus Banane in Karamellsauce, mit Rum übergossen und angezündet, verdanken wir dem Restaurant Brennan’s in New Orleans – von dort eroberte er Lokale weltweit. Bei Brennan’s ist die Bananen-Nachspeise bis heute ein Bestseller, doch ansonsten gilt Flambieren am Tisch inzwischen als eher altmodisch.
Toast Hawaii

Toast Hawaii gehört in Deutschland zur kulinarischen Kultgeschichte und war in den 1980er-Jahren eines der beliebtesten Gerichte in Kneipen, Kegelbahnen und Wirtschaften. Erfunden wurde der herzhaft-süße Snack Mitte der 1950er-Jahre vom deutschen Fernsehkoch Clemens Wilmenrod, der für die Zubereitung eine Scheibe Toast mit Schinken und Ananas belegte und mit Käse überbuk. Als I-Tüpfelchen wurde dem Ganzen eine Cocktailkirsche aufgesetzt. Im Gegensatz zur Pizza Hawaii ist die Toastbrot-Variante mittlerweile ganz von den Speisekarten gestrichen worden.
Eis mit heißen Kirschen

Der französische Meisterkoch Auguste Escoffier soll das damals Aufsehen erregende Dessert anlässlich des Goldenen Thronjubiläums von Königin Victoria im Jahr 1887 kreiert haben. Für das Dessert Cherries Jubilee – oder profan Eis mit heißen Kirschen – werden Kirschen im Ganzen in Likör gekocht, flambiert und mit Vanilleeis serviert. In den 1950er- und 1960er-Jahren war die Nachspeise ein Klassiker bei Hochzeiten und anderen Familienfeiern.
Spaghetti-Auflauf

In den 1950er-Jahren gab es eine rasante Entwicklung von preiswerten, sättigenden und leicht einzufrierenden Gerichten. Vor allem die aus dem Italienurlaub mitgebrachten Spaghetti, Farfalle und Co. wurden immer häufiger für ein schnelles und schmackhaftes Mittagessen verwendet. Die übrig gebliebenen Nudeln konnten am nächsten Tag noch überbacken werden. Der Spaghetti-Auflauf war ein beliebtes Gericht und ist auch heute noch eine Ofenalternative zu Spaghetti Bolognese.
Niereneintopf

Innereien liegen aktuell voll im Trend, insbesondere in Lokalen, die sich dafür rühmen, alles von „der Nase bis zum Schwanz“ zuzubereiten. Doch im frühen 20. Jahrhundert hatten die schicksten Restaurants Lamm- oder Rindernieren auf der Speisekarte, die klassisch in reichhaltiger Fleischbrühe mit Knoblauch und Kräutern geschmort und oft mit Brot serviert wurden. Ein besonderer Hit waren auch Lammnieren in herzhafter Sauce.
Pfirsich Melba

Einfach, aber lecker! Pfirsich Melba, ein Mix aus Pfirsichstücken, Eis und säuerlicher Himbeersauce, wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Londoner Savoy-Hotel kreiert und war im 20. Jahrhundert auf der ganzen Welt äußerst beliebt. Heute ist der Eisbecher viel seltener auf Dessertkarten zu finden. Doch dank seiner vielseitigen Aromen und knalligen Farben ist ein Comeback nicht auszuschließen.
Eierlikör

1876 gründete der Antwerpener Eugen Verpoorten in Heinsberg bei Aachen sein Unternehmen, das eines der beliebtesten Getränke der 1960er- und 1970er-Jahre herstellte. Eierlikör war damals vor allem bei den Damen des Hauses ein beliebter Umtrunk, der nicht nur zu Weihnachten, Ostern oder zum Kaffeekränzchen aus der Vitrine geholt wurde. Inzwischen werden einstige Kultgetränke wie die Eierlikör-Bowle oder der Orangenlimonaden-Cocktail „Kikeriki“ wieder auf die Partytische gezaubert.
Schinken in Petersiliensülze

Die amerikanische Küche der 1960er-Jahre wurde stark von Kochpersönlichkeiten wie der Köchin Julia Child beeinflusst, und auch die französisch inspirierte Küche gewann zunehmend an Popularität. Jambon persillé en gelée, auch bekannt als Schinken in Petersiliensülze, ist ein gutes Beispiel dafür. Die auffällig präsentierte Schinken-Kräuter-Terrine ist auch heute noch ein tolles Partygericht.
Hähnchen-Tetrazzini

Dieses überbackene Nudelgericht mit Hühnerfleisch, Pilzen, Parmesan und Sahne ist nach dem italienischen Opernstar Luisa Tetrazzini benannt und stammt vermutlich aus San Francisco. Es wirkt ein bisschen wie die perfekte Katerspeise! Was nicht heißen soll, dass sie nicht köstlich ist. Hähnchen Tetrazzini war vom frühen 20. Jahrhundert bis in die 1960er-Jahre äußerst beliebt. Doch als die Essensoptik immer wichtiger wurde, nahm die Beliebtheit des nicht allzu fotogenen Gerichts rapide ab.
Wackelpudding

In den 1980er- und 1990er-Jahren durfte der Wackelpeter auf keiner Geburtstagsfeier fehlen. Die bei Kindern beliebte Süßspeise eignete sich nämlich auch für Partyspiele, bei denen man zum Beispiel mit verbundenen Augen sein Gegenüber mit der Götterspeise füttern musste. Wackelpudding – auch Froschsülze genannt – gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, wobei Waldmeister und Himbeere wohl zu den beliebtesten zählen. Als Nachtisch wird der Wackelpudding gerne mit Vanilleeis oder Vanillesauce gegessen.
Ente à l’Orange

Die Wurzeln dieser klassischen Kombination aus Fleisch und Obst dürften in Frankreich liegen, doch die legendäre amerikanische TV-Köchin Julia Child trug entscheidend dazu bei, sie weltweit zu einem festen Bestandteil auf der Speisekarte zu machen. Insbesondere gehobene Restaurants liebten die elegante Optik und spritzige Kombination aus süß und sauer.
Geschmolzener Schokokuchen

Bis heute ist nicht ganz klar, ob wir dieses reichhaltige Dessert einem amerikanischen oder französischen Koch verdanken. Eigentlich aber auch egal, solange es nur genügend Schokosauce im Kern hat. Der warme Schokokuchen tauchte in den späten 1990ern in den Restaurants auf und galt als äußerst romantische Nachspeise. Man musste es stets gleich zusammen mit dem Hauptgericht bestellen, damit der Koch genug Zeit hatte, es zuzubereiten. Der Kuchen wurde dabei absichtlich nicht komplett durchgebacken, um in der Mitte eine Art „Lavastrom“ aus Schokolade zu erzeugen. Heute ist er zwar nicht mehr so allgegenwärtig wie früher, in einigen Restaurants zählt er aber immer noch zu den Favoriten von erklärten Naschkatzen.
Fruchtcocktail

In den 1930er-Jahren kam die Konservenmischung aus Birnen, Trauben, Kirschen, Pfirsichen und später auch Ananas ganz groß in Mode. Ein Rezept aus den späten 1950er-Jahren empfiehlt, die Dosenfrüchte abwechselnd mit Vanillepudding und Schlagsahne in ein Dessertglas zu schichten (im Bild).
Kartoffelsalat

Kartoffelsalat gehört für viele Deutsche zum Heiligen Abend wie Geschenke unterm Weihnachtsbaum. Jede Familie scheint für die Zubereitung je nach regionaler Herkunft einem Familienrezept zu folgen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Grundzutaten für das Gericht, das in der Eifel Krumpernzalot, im Rheinland Ärpelschloot und in der Oberlausitz Abernsuloat heißt, sind aber immer gleich: Festkochende Kartoffeln, Salz, Pfeffer und etwas Brühe.
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